Woran viele nicht denken: Der Bruttolohn des Arbeitnehmers entspricht nicht den tatsächlichen Kosten, die der Arbeitgeber zu tragen hat. Damit es keine bösen Überraschungen gibt, zeigen Janine Dick und Carina Hirschen von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, mit welchen Lohnkosten je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde zu kalkulieren ist.
Der Aufschlag zum Bruttolohn - so errechnen sich die tatsächlichen Personalkosten des Arbeitgebers
Im Juni 2022 haben Bundestag und Bundesrat der Erhöhung der gesetzlichen Lohnuntergrenze zugestimmt. So gilt zum 1. Oktober 2022 ein Mindestlohn von 12,00 Euro brutto pro Stunde. Gleichzeitig wird auch die Mini-Job-Grenze auf 520 Euro im Monat erhöht.
Am Beispiel des Mindestlohnes lässt sich gut verdeutlichen, wie viel eine Arbeitsstunde den Arbeitgeber bei einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tatsächlich kostet:
Zu dem 12,00 Euro Brutto-Stundenlohn muss der Arbeitgeber noch Lohnzusatzkosten einplanen. Diese setzen sich aus Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und den Umlagen 1 bis 3 (für Aufwendungen des Arbeitgebers bei Krankheit, Mutterschaft und Insolvenzgeld) zusammen. Insgesamt beträgt der durch die Lohnzusatzkosten bedingte Aufschlag auf den Bruttolohn etwa 23,5 %.
Auch beim Minijob muss aufgepasst werden
Bei den in den Einkommensalternativen oft vertretenen Minijobs fallen ebenfalls Zusatzkosten für den Arbeitgeber an. Diese setzen sich zusammen aus den Beiträgen zur Rentenversicherung, zur Krankenversicherung, der Pauschalsteuer (für Lohnsteuer und Kirchensteuer) und den Umlagen 1 bis 3, sodass hier mit etwa 31,3 % Lohnzusatzkosten zu kalkulieren ist. Angenommen der Minijobber erhält für seine Arbeit den Mindestlohn, dann liegt für den Arbeitgeber ein tatsächlicher Lohnaufwand in Höhe von 15,76 Euro brutto pro Arbeitsstunde vor.
Der Aufschlag zur tatsächlich erbrachten Arbeitszeit – der Unterschied von tatsächlich erbrachter und vergüteter Arbeitszeit
Neben der Berücksichtigung der Lohnzusatzkosten ist auch ein Blick auf die Stundenverteilung notwendig. Jeder Arbeitnehmer – egal ob in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis oder als Minijobber – fällt mal aufgrund von Feiertagen, Fortbildung oder Berufsschule aus, ist krank oder nimmt Urlaub. Während dieser und anderer „Ausfallzeiten“, in denen dem Arbeitgeber gegenüber keine Arbeitsleistung erbracht wird, besteht trotzdem ein Lohnanspruch seitens des Arbeitnehmers. Es wird zwischen der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit und der vergüteten Arbeitszeit unterschieden. Bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen ist auf die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit ein Aufschlag von etwa 23,4 % und bei Auszubildenden von 76,7 % zu berücksichtigen, um die vergütete Arbeitszeit zu ermitteln. Auch hier sollte der Minijob nicht außer Acht gelassen werden, da Minijobber entgegen weit verbreiteter Meinung auch Anspruch auf Lohn bei Ausfallzeiten haben und dementsprechend ebenfalls ein Aufschlag in Höhe von etwa 23,4% einberechnet werden sollte. Auf Basis der zu vergütenden Arbeitszeit ist der tatsächliche Lohn zu ermitteln.
Nachfolgend sind die für den Arbeitszeitbedarf zu berücksichtigenden Aufschläge bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden noch einmal in einer Tabelle aufgeführt:
Tabelle 1: Ermittlung der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit im Jahr
Positionen | Stunden | |
| Arbeitnehmer | Auszubildende |
vergütete Arbeitszeit/Jahr | 2028 | 2028 |
Feiertage (*1) | 88 | 88 |
Urlaubstage (*2) | 192 | 216 |
Fortbildung/Berufsschule | 8 | 480 |
Betriebsausflug | 8 | 8 |
Krankheit (*3) | 88 | 88 |
Summe | 384 | 880 |
tatsächliche Arbeitszeit/Jahr | 1644 | 1148 |
Aufschlag: | 23,4% | 76,7% |
*1 lt. Destatis, Anzahl der gesetzlichen Feiertage in Deutschland nach Bundesländern im Jahr 2022. Die Kalkulation erfolgt
auf Basis der 11 Feiertage in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin sind 8 Stunden weniger anzusetzen, da dort nur 10 gesetzliche Feiertage festgelegt sind.
*2 lt. Destatis, Verdienststrukturerhebung 2018
*3 lt. Destatis, Arbeitsvolumenberechnung (IAB), Krankheitstage im Jahr 2019
Wie viele Stunden im Monat darf ein Minijobber maximal arbeiten?
Die Anzahl der Stunden, die ein Minijobber monatlich arbeiten darf, ohne die 520-Euro-Grenze zu überschreiten, ist abhängig vom Brutto-Stundenlohn. Das nachfolgende Rechenbeispiel zeigt, wie die monatliche und wöchentlichezu vergütende Arbeitszeitermittelt werden kann:
520 € Monatslohn/12,00 € Brutto-Stundenlohn = 43,33 maximal mögliche Stunden im Monat/4,3 Wochen im Monat = 10,07 Stunden vergütete Arbeitszeit pro Woche
Die maximal möglichen Stunden inkludieren bereits den Urlaub, der den Minijobbern zusteht. Dieser muss dokumentiert werden, um bei einer externen Überprüfung der Arbeitsstunden auf der sicheren Seite zu sein. Ohne Dokumentation wird der Urlaub den erbrachten Stunden hinzugerechnet, sodass es passieren kann, dass die Grenze der maximal möglichen Stunden im Rahmen des Minijobs überschritten wird, was dann weitreichende Konsequenzen für den Betrieb hat.
Eine Übersicht, wie viele Stunden im Monat ein Minijobber bei Erhalt des aktuellen – sowie in den nächsten Jahren gestaffelt steigenden – Mindestlohns maximal arbeiten darf, finden Sie auf der Website des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Aufgepasst: Der Brutto-Stundenlohn entspricht nicht den gesamten Stundenlohnkosten des Arbeitgebers
Entscheidend ist nun die Frage, was den Arbeitgeber eine Stunde des Arbeitnehmers kostet unter Berücksichtigung des Unterschiedes von vergüteter zu tatsächlich erbrachter Arbeitszeit. Dazu werden zu dem Brutto-Stundenlohn auch die Lohnzusatzkosten gebildet. Rückerstattungen bei Krankmeldung wurden, ebenso wie die Beiträge zur Berufsgenossenschaft, in der nachfolgenden Beispielrechnung nicht berücksichtigt. Um herauszufinden, wie viel der Arbeitgeber für eine tatsächlich erbrachte Arbeitsstunde zahlen muss, erfolgt die Ermittlung der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden. Anschließend werden die Gesamtlohnkosten durch die tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden dividiert.
Tabelle 2: Ermittlung des Lohnaufwands des Arbeitgebers für eine tatsächlich erbrachte Arbeitsstunde des Arbeitnehmers auf Basis des Mindestlohns
| Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte/-r | Minijobber/-in | Anmerkungen |
1. Lohnanspruch/Jahr |
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Brutto-Stundenlohn | 12,00 € | 12,00 € | Mindestlohn ab 1.10.22 |
Vergütete Arbeitszeit (Stunden/Jahr) | 2.028,0 | 520,0 | bei einer 39-Stunden-Arbeitswoche |
Summe Lohnanspruch/Jahr | 24.336,00 € | 6.240,00 € |
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2. Lohnnebenkosten/Monat (Arbeitgeberanteile) |
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Sozialversicherung (*1) | 405,09 € | 145,60 € |
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Umlage 1-3 (*2) | 59,02 € | 6,66 € |
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Pauschalsteuer 2% (Minijob) |
| 10,40 € |
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Summe Lohnnebenkosten/Monat | 464,11 € | 162,66 € | ohne Zusatzalters-versorgung und Berufsgenossenschaft |
Summe Lohnnebenkosten/Jahr | 5.569,32 | 1.951,92 |
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3. Bruttolohnaufwand |
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Lohnaufwand AG inkl. Lohnzusatzkosten/Jahr | 29.905,32 € | 8.191,92 € | ohne Erstattung für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall |
4. Tatsächliche Arbeitszeit/Jahr (in Stunden) |
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Vergütete Jahresarbeitszeit | 2.028,0 | 520,0 | bei 39-Stunden-Woche |
Urlaub, Feiertage, Krankheitstage etc. | 384,0 | 98,5 | siehe oben in Tabelle zum Arbeitszeitbedarf |
Tatsächliche Arbeitszeit (*3) | 1.644,0 | 421,5 |
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5. Kosten je tatsächlich erbrachter Arbeitsstunde |
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Lohnaufwand inkl. Lohnzusatzkosten je vergüteter Akh | 14,75 € | 15,75 € | Akh = Arbeitskraftstunde |
Lohnaufwand inkl. Lohn-zusatzkosten je tatsächlich erbrachter Akh | 18,19 € | 19,44 € |
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*1 Krankenversicherung (14,6%), Pflegeversicherung (3,05%), Rentenversicherung (18,6%), Arbeitslosenversicherung (2,4%) lt. TK. Der Arbeitgeber trägt jeweils die Hälfte der Beiträge. Bei Minijob lt. Minijob-Zentrale: Krankenversicherung 13 %, Rentenversicherung 15 % Pauschale für den Arbeitgeber.
*2 Umlage 1 (2,40%), Umlage 2 (0,45%), Umlage 3 (0,09%). Die Höhe der Umlage ist abhängig von der Krankenkasse. Bei Minijob lt. Minijob-Zentrale: Umlage 1: 1%, Umlage 2: 0,39%, Umlage 3: 0,12 %.
*3 Berücksichtigung Krankheitstage, Urlaub, Weiterbildung, vgl. LWK Infoservice „Brutto- Nettoarbeitszeiten"
So kostet den Arbeitgeber eine tatsächlich erbrachte Arbeitsstunde mit einem Brutto-Stundenlohn von 12,00 Euro und einer 39-Stunden-Woche eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten 18,19 Euro. Betriebsleiter/-innen sollten diesen Umstand bei ihrer Personalkostenplanung berücksichtigen, um unerwartete Mehrkosten zu vermeiden.
Im Rechenbeispiel wird übrigens auch ersichtlich, dass Minijobber/-innen bei gleichem Stundenlohn mit 19,44 Euro höhere Kosten pro tatsächlich erbrachter Arbeitskraftstunde verursachen als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Folglich kann sich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Form eines Midijobs ab 520,01 Euro anstelle eines Minijobs für den Arbeitgeber durchaus lohnen.
Bei der Preiskalkulation von Dienstleistungen undProdukten müssen also Lohnkosten von 18,19 Euro bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis und 19,44 Euro bei einem Minijob als Lohnaufwand je tatsächlich erbrachter Stunde veranschlagt werden, wenn der neue Mindestlohn von 12,00 Euro gezahlt wird. Natürlich kann es aufgrund von betrieblichen Gegebenheiten, zum Beispiel geringeren oder höheren Krankheitstagen, keinem Betriebsausflug, abweichenden Urlaubstagen oder der Wahl einer anderen Krankenkasse betriebsindividuell zu einem leicht abweichenden Lohnaufwand kommen.