Urteil: Handwerkliche Fruchtjoghurterzeugung ist nicht gewerblich
Landwirtin gewinnt Rechtsstreit über Joghurtherstellung gegen das Finanzamt vor dem Bundesfinanzhof
Im Streit um die steuerliche Behandlung von Fruchtjoghurt hat der Bundesfinanzhof zugunsten einer Landwirtin entschieden, die aus eigener Milch Joghurt produziert und diesen mit zugekauften Fruchtmischungen versetzt. Das Finanzamt hatte dies als Gewerblichkeit eingestuft, da es sich um ein Produkt der zweiten Verarbeitungsstufe handele. Diese Argumentation wurde vom Bundesfinanzhof jedoch zurückgewiesen.
Die Landwirtin produzierte mit ihren Milchkühen rund 650.000 Liter Milch jährlich und verwendete etwa 10.000 Liter für die Herstellung von Joghurt. Dabei vermischte sie selbst erzeugten Joghurt mit zugekauften Fruchtmischungen, so dass der Jogurt einen Fruchtanteil von 14 % hatten. Sie versteuerte ihre Umsätze nach dem Durchschnittssteuersatz, der für pauschalierende land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt.
Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt jedoch die Auffassung das hier eine gewerbliche Tätigkeit vorliege. Begründet dadurch, dass es sich bei dem hergestellten Fruchtjoghurt um ein Erzeugnis der zweiten Verarbeitungsstufe handele, da die erste Verarbeitungsstufe mit der Pasteurisierung der Milch und dem Zusatz von Bakterienkulturen bereits abgeschlossen sei. Das Finanzamt war daher der Ansicht, dass der Fruchtjoghurt nicht mehr als landwirtschaftliches Erzeugnis einzustufen sei und unterwarf die Umsätze der Streitjahre der Regelbesteuerung. Die Landwirtin erhob daraufhin Klage beim Finanzgericht.
Das Gericht gab der Landwirtin in erster Instanz Recht und stützte sich dabei auf die europäische MwSt.-Richtlinie, die keine wesentliche Veränderung des Produkts durch den hinzugefügten Fruchtanteil voraussetzte. Es führte aus, dass die händische Vermischung von Joghurt und Fruchtmischungen nicht als untypische landwirtschaftliche Verarbeitung zu werten sei.
In der Revision vertrat das Finanzamt erneut die Ansicht, dass es sich um ein Produkt der zweiten Verarbeitungsstufe handle. Die Beimischung von Fruchtmischungen führe zu einem höherwertigen Produkt, das in Konkurrenz zu Erzeugnissen nichtlandwirtschaftlicher Molkereien trete. Es wies darauf hin, dass bei der ersten Verarbeitungsstufe lediglich Naturjoghurt entstehe, die Fruchtmischung jedoch eine zusätzliche industrielle Verarbeitung sei.
Das Urteil
Der Bundesfinanzhof bestätigte jedoch die Entscheidung des Finanzgerichts und stellte klar, dass die Herstellung des Fruchtjoghurts eine Verarbeitungstätigkeit innerhalb der Landwirtschaft darstelle. Entscheidend sei, dass die Verarbeitung ausschließlich landwirtschaftliche Urprodukte aus eigener Erzeugung betreffe. Die Beimischung des Fruchtanteils sei unter den gegebenen Umständen als eine, in der Landwirtschaft übliche, Tätigkeit anzusehen, da sie manuell und ohne Einsatz industrieller Maschinen erfolgt sei und daher keine relevante Bedeutung habe.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs gibt somit landwirtschaftlichen Betriebe die Möglichkeit, ihre Milch weiterhin selbst handwerklich zu veredeln, ohne dadurch in die Gewerblichkeit zu rutschen. Die damit verbundenen Nachteile, steuerlich wie kaufmännisch bleiben den Betrieben somit erspart.