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Grünland – unterschätztes Potential

Bei herrlichem Sonnenschein und 16 Grad hatte die diesjährige Grünlandbegehung des Beratungsring Rindfleischerzeugung und des Rindermastkontrollringes in Zusam-menarbeit mit dem DLR-Westpfalz am 06. April 2023 um 10 Uhr begonnen.

Die Grünlandentwicklung war bei den bis dahin eher kalten Temperaturen, aber vielen Niederschlägen überraschend gut ausgeprägt. Die Massenentwicklung war gut im Soll.

Christoph Steilen vom DLR Eifel, ausgesprochener Grünlandexperte und sein Kollege Tobias Fries der sich gerade in die Materie einarbeitet, gaben wertvolle Tipps zum Thema Grünlandbewirtschaftung. Die erste Begehung fand im Betrieb Mayer in Schö-nenberg-Kübelberg statt.
Durch bisher sehr regelmäßigen Niederschlag und Nachtfröste hat sich die Gelegen-heit des Striegelns bei dem besprochenen Bestand und auch in vielen Beständen in der Region noch nicht ergeben und sollte laut Experten bei gut entwickelten Beständen dann auch nicht mehr stattfinden, da die Schädigungen sich jetzt stärker auswirken als der positive Nutzen.
Grundsätzlich ist auch die standortbezogene Nachsaat immer eine wichtige Maß-nahme um Bestandslücken zu schließen und den Unkrautdruck zu minimieren. Bei sehr weit fortgeschrittenen Beständen wird aber von den Experten auch hier abgeraten da die Aussicht auf Erfolg eher marginal ist.
Christoph Steilen weist im Gespräch mit den Landwirten darauf hin, dass ein ausrei-chend hoher pH-Wert von fundamentaler Bedeutung für die Bewirtschaftung ist. Dabei bemängelte er, dass viele Betriebe kaum Kalk auf ihre Grünlandflächen ausbringen, die Flächen so über Jahrzehnte zunehmend versauern und daraus Leistungsdepres-sionen der Bestände resultieren. Bei pH-Werten unter 5,0 lohnen sich keine pflegeri-schen Maßnahmen mehr, so Steilen. Böden, die extrem versauert sind müssen lang-sam über mehrere Jahre mit einem möglichst kostengünstigen Kalk aufgewertet wer-den. Weiterhin sieht Steilen eine fehlende Nährstoffbilanzierung als problematisch an. Viele Betriebe führen den Flächen unzureichende oder überhöhte Mengen der Grund-nährstoffe zu. Als Faustzahlen gelten für die Entzüge im Grünland je dt Trockenmas-seertrag 3 kg N, 1 kg P205 und 3 kg K20. Nicht angepasste Düngemengen, häufig im Zusammenhang mit niedrigen pH-Werten, führen zu erheblichen ökonomischen Ver-lusten und machen Nachsaaten bzw. Neuanlagen unrentabel. Steilen erläuterte, dass der pH-Wert, welcher regelmäßig spätestens alle 6 Jahre mit der Bodenuntersu-chungspflicht ermittelt werden sollte, entscheidend für das Ertragspotential verantwort-lich ist. Besonders wichtig, so der Experte, ist dass der mangelhafte pH-Wert beispiels-weise die N-Bindung des Weißklees reduziert, der hohe Ansprüche an die Kalkversor-gung stellt. Auch die leistungsstarken und qualitativ im Futterwert hochwertigen Gräser wie Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Wiesenschwingel und Wiesenlieschgras werden durch niedrige pH-Werte verdrängt und es verbreiten sich Gräser wie bei-spielsweise weiches Honiggras, Schafschwingel etc. mit geringerem Ertragspotential und geringeren Futterwerten. Bei der Frage nach der Bekämpfung von Herbstzeitlose wird es immer schwieriger zu reagieren da es mittlerweile kaum mehr zugelassene chemische Bekämpfungsmittel gibt. Bei starkem Besatz wird das Umbrechen der Flä-che empfohlen. Die Herbstzeitlose lässt sich aber auch durch sogenanntes aushun-gern, mehrfaches mulchen oder mähen bevor die Samenkapsel ausgebildet ist, be-kämpfen.
Die zweite Begehung fand im Betrieb Bernd Glahn, Contwig statt. Sehr flexibel und kompetent konnte auch hier der Experte Herr Steilen auf einen neu angelegten Schlag eingehen der vom Betriebsleiter ausgesucht war.
Die Familie Glahn präsentierte einen gut etablierten Bestand der auf einem Acker-standort mit hohem Kleebesatz zu sehen war. Es wurde die Frage der Unkrautvermei-dung sowie der Verbesserung der Grasnarbe besprochen, welches man durch regel-mäßige Nachsaaten in den Griff bekommt. Der Spezialist empfiehlt bei normalen Ver-hältnissen eine Nachsaat von 5 Kg Nachsaatmischung im Frühjahr und 5 Kg Nach-saatmischung im Herbst. Die Verteilung soll das Risiko mindern und Ausfälle kompen-sieren. Bei größeren Lücken in der Grasnarbe wie nach Wildschäden oder Fahrschä-den muss die Menge entsprechend angepasst werden, da jede Lücke in der Gras-narbe das Einfalltor für Unkräuter bedeutet. Besonders ist hier der große Ampfer zu nennen, der ganz schnell zum Problemunkraut besonders in Bio-Betrieben werden kann.
Weiterhin erläuterte Steilen wie wichtig eine ausreichend hohe Grasstoppel für den Wiederaustrieb ist. Bei einer Schnitthöhe von mindestens 5 - 7cm steht dem Gras noch ausreichend Assimilationsfläche für den Wiederaustrieb zur Verfügung, das Erntegut liegt lockerer auf der Stoppel, wird dadurch besser durchlüftet und es kommt bei kor-rekter Maschineneinstellung zu weniger Futterverschmutzungen.
Unter anderem wurde auch die Thematik der wildschweingeschädigten Fläche bespro-chen. Die verschiedensten Meinungen zur Systematik und die verschiedensten Gerä-tetypen zur Einebnung der geschädigten Flächen wurden diskutiert. Zu beachten ist unbedingt, dass bei Wildschadenbeseitigung auch die Kreisverwaltung informiert wer-den muss, da beim Satelitenüberflug eine Umwandlung von Grünland in Ackerland vermutet wird und dies prämienrechtliche Konsequenzen haben kann.
Insgesamt wurde die Veranstaltung gut angenommen und es wurden viele offene Fra-gen fachlich kompetent von Herrn Steilen beantwortet. Auch die intensiven Diskussio-nen innerhalb der Gruppen zeigte, wie unterschiedlich der Kenntnisstand und die Er-fahrungen sind und wie auf individuelle Ansprüche eingegangen werden kann. Ab-schließend lässt sich sagen, dass im Grünland noch viel ungenutztes Potential auch finanzielle Ressourcen liegen. Jeder Betrieb sollte kontinuierlich an der Verbesserung seiner Flächen arbeiten, um langfristig erfolgreich zu sein.

Gerhardt Henn
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz,
Dienststelle Kaiserslautern

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