Die Maßnahme Lernort Bauernhof (LoB) wird im Rahmen des rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramms „Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ (EULLE) vom Land und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) finanziert. Seit März 2018 bis Ende September 2025 ist die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK) mit der Umsetzung des LoB beauftragt. Das Angebot LoB umfasst u. a. die Durchführung der Lernangebote jenseits des Klassenzimmers auf dem außerschulischen „Lernort Bauernhof“ sowie Weiterbildungen für Lehrkräfte, Leiterinnen und Leiter landwirtschaftlicher Betriebe.
Dr. Christian Koch, Leiter der LVAV Hofgut Neumühle, begrüßte als Hausherr alle Teilnehmenden und freute sich, dass das Hofgut nach zwei Jahren wieder als Austragungsort dieser Fachtagung ausgewählt wurde. Er bedankte sich für die gute Zusammenarbeit mit den beteiligten Ministerien und der Landwirtschaftskammer im Land. Die LVAV Neumühle engagiere sich seit Jahren für die Weiterbildung von engagierten Landwirt*innen in der Bauernhofpädagogik und erfahre selbst als Lernort Bauernhof, wie wichtig das außerschulische Bildungsangebot auf den landwirtschaftlichen Betrieben ist, ein unverzichtbarer Baustein im Bildungsangebot für nachhaltige Entwicklung in Rheinland-Pfalz. Er hoffe sehr, dass die Finanzierung mit öffentlichen Geldern, ohne die das Angebot von Seiten des Berufsstandes nicht möglich sei, mit einer neuen Fördermaßnahme fortgesetzt werde. Weiterhin hält er eine Übernahme der Fahrtkosten der Schulklassen zu den Höfen für eine dringliche politische Entscheidung.
Aktueller Stand der Fördermaßnahme
Maria Caesar begrüßte als LoB-Koordinatorin sowie im Namen des LoB-Teams an der LWK und berichtete über den aktuellen Stand der Fördermaßnahme. Das Jahr 2024 war wieder ein Jahr mit gesteigerter Nachfrage in Folge, rund 580 Schulbesuche fanden statt, 500 Besuche waren im Plan. Deshalb mussten 2024 bereits Mittel aus dem Budget für 2025 genutzt werden, sodass es ab Ostern 2025 bis zu den Sommerferien vermutlich zu einer gewissen Kontingentierung bezuschusster Besuche kommen muss. Nach den Sommerferien können keine Anträge im Rahmen der Maßnahme mehr gestellt werden, da die Gesamtabrechnung bis Ende der Laufzeit am 30. September 2025 vorgelegt werden muss.
Die gute Nachricht an der Stelle: Es wird eine neue LoB-Fördermaßnahme ab Oktober 2025 geben, die Ausschreibung dazu wird in Kürze erwartet, die LWK wird sich bewerben und hofft wieder auf den Zuschlag.
Im Jahr 2024 wurden 8 neue Betriebe in die Maßnahme aufgenommen, weitere zwei im Januar 2025. Ina Fischer aus Bad Marienberg erhielt anlässlich der Fachtagung offiziell ihr LoB-Hofschild aus den Händen von Ute Schmazinski, Bildungsministerium und Mitglied im LoB-Steuerungsgremium. Weitere Bewerbungen liegen vor und sind in Bearbeitung.
Zum aktuellen Zeitpunkt nehmen 70 Betriebe aktiv an der Maßnahme teil. Die LoB-Homepage wurde im Laufe der ersten Jahreshälfte 2024 neu aufgestellt. Die allermeisten Betriebe nutzen die Möglichkeit, hier neben der Auflistung ihr individuelles betriebliches LoB-Angebot in Wort und Bild darzustellen. Die Social-Media-Präsenz wird weiterhin von Medienpädagogin Isabella Sibold ausgebaut, sie stellt in regelmäßigen Abständen einen LoB-Betrieb und eine Schule des Monats sowie die neuen Betriebe vor. Hinzugekommen ist eine Reihe, die Anna Bauer vom Pädagogischen Landesinstitut und Mitglied im Steuerungsgremium erstellt unter dem Namen „Ziele im Blick“; es werden die 17 Nachhaltigkeitsziele verknüpft mit Themen aus der Landwirtschaft, um den Lehrkräften damit den Bezug zum außerschulischen Unterricht aufzuzeigen.
Im Jahr 2024 fanden drei Lehrkräftefortbildungen mit insgesamt 25 Teilnehmenden statt. Drei neue Termine sind für Mai und Juni 2025 geplant.
Studierende sind angetan
Die Zusammenarbeit mit der Uni Koblenz im Rahmen des Lehramtsbezogenen Masterstudiengangs für Realschule Plus etabliert sich, die Studierenden sind allesamt neben den Fachbeiträgen (unter anderem aus dem Kollegium der Neumühle und der LWK) sehr angetan von den Exkursionen auf den landwirtschaftlichen Betrieben, meist LoB-Betriebe, in der Region Koblenz.
Am 3. September 2025 findet in Ramstein die Bilanztagung der zu Ende gehenden LoB-Fördermaßnahme statt. Dazu wurden bei der Fachtagung alle LoB-Betriebe im Land aufgerufen, Ideen zu Beiträgen einzubringen. Auch die Studierenden der Uni Koblenz haben ihre Beteiligung zugesagt.
Zum Thema der Fachtagung „Biodiversität am Lernort Bauernhof – Vorteile. Chancen. Anforderungen“ leitete Maria Caesar über mit den Worten „Es wird viel geredet und gefordert zu dem Thema, insbesondere von der Landwirtschaft. Wir wollen das Rad heute nicht neu erfinden, sondern schauen, was es bereits gibt in RLP.“ Sie begrüßte dazu die Koordinatorin der Partnerbetriebe Naturschutz, Katharina Metternich vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Abt. Agrarwirtschaft, Gruppe Landwirtschaft & Umwelt mit ihrem Vortrag „Demonstrationsvorhaben Partnerbetrieb Naturschutz in RLP - was steckt dahinter?“ Den „Partnerbetrieb Naturschutz“ gibt es als etabliertes Beratungskonzept in RLP seit 2010 und ist für LoB-Betriebe nichts Neues, etwa 20 Prozent sind zugleich anerkannt als Partnerbetrieb Naturschutz und als Lernort Bauernhof.
Metternich stellte das 2024 aktualisierte Konzept Demonstrationsvorhaben Partnerbetrieb Naturschutz vor, dessen erstes Bewerbungsverfahren allerdings im Dezember 2024 endete. Es sind weitere Vorhaben geplant, dazu Informationen unter www.partnerbetrieb-naturschutz.rlp.de.
In einer Dialogrunde stellten vier LoB-Betriebsleiterinnen, die allesamt seit Jahren als Partnerbetrieb Naturschutz anerkannt sind, jeweils ihr betriebliches LoB-Angebot sowie ihre Motivation Partnerbetreib Naturschutz zu sein, kurz vor. Die Antwort auf die Frage nach den Synergieeffekten fiel bei ihnen unterschiedlich aus. „Das Schild vom Partnerbetrieb neben dem LoB-Logo ist für die Lehrkräfte ein sichtbares Zeichen, dass wir was für den Naturschutz tun“, so Theresa Pfeifer vom Kastanienhof in Mainz. „Für uns konventionellen Milchviehbetriebe ist es sehr schwer, unsere Naturschutzmaßnahmen glaubhaft zu machen, da ist das Schild schon hilfreich“, sagte Anne Rodermann vom Rodermannhof aus Wiesbaum. Leider liegen bei ihr die Flächen der Maßnahmen zu weit vom Betrieb entfernt, da müsse man einen zweiten Termin ansetzen für die Schulklassen. Das bestätigte auch Anja Schopp vom Schopphof in Grafschaft-Esch: Für sie ist die anschauliche Präsentation der umgesetzten Naturschutzmaßnahmen in die LoB-Rundgängen aufgrund der weitläufigen Flächenlage oftmals schwierig einzubeziehen. Annemarie Reifenberg von der Eierkiste Reifenberg in Gehlert hat es da etwas einfacher, die Ackerflächen liegen am Ortsrand, hier gibt es z. B. eine ursprünglich ungeplante Ablagerung von Steinen. Um wärmeliebenden Tieren wie beispielweise Blindschleichen, Spinnen, Wildbienen und vielen anderen Arten einen Lebensraum zu bieten, wird dieser nach dem Gespräch mit dem Naturschutzmanager nicht mehr „aufgeräumt“. Der Steinhaufen könne jetzt bei den Schulkassenbesuchen miteinbezogen werden.
Praxis draußen erleben
Nach diesen Berichten ging es in die Praxis nach draußen, die LVAV Neumühle stellte ihre Aktivitäten als Partnerbetrieb Naturschutz vor. Der Leiter des Außenbetriebes und M. sc. Johannes Steinfort führte zur hofnahen Ackerfläche, bei der auf kleinem Raum verschiedene Kulturen in je 2 m breiten Streifen zur Demonstration angebaut werden.
Zur Praxis bei den Schulklassenbesuchen ergeben sich Themen wie Bodenproben ziehen, Unterschiede zwischen Kulturen vermitteln, Beikräuter bestimmen, Getreide ernten und mahlen als Beispiel. Es kommen verschiedene Klassen übers Jahr verteilt, dadurch haben die Kinder natürlich nur den saisonalen Eindruck.
Landwirtschaftsmeister Uli Schmitt stellte die Grünlandmaßnahmen der Neumühle vor: extensives Grünland, d.h. kein Düngen, nur zweimal Heuernte im Jahr mit der Folge, dass die Fläche verarmt und der Pflanzenbestand vielfältiger wird. Es wurden Storchenmasten aufgestellt.
Zur Praxis mit Schulklassen gehören: Pflanzen bestimmen, Wilde-Möhre ausgraben und probieren, Löwenzahnverwendung im Salat. Eine Bilderkollage zeigt die unterschiedlichsten Pflanzen in der jeweiligen Vegetation. Zum Vergleich gehen die Schulklassen in eine intensiv genutzte Wiese. Hier werden Themen wie Futterwertzahl, „Was frisst die Kuh“, „Wie viel Fläche ist notwendig für eine Kuh“ erörtert. So gibt es Mathe in der Anwendung im Alltag.
In der Mittagspause war das beliebte Netzwerken unter den LoB-Aktiven angesagt und die Bitte zur Ideensammlung für die Bilanztagung im September auf großen Pinnwänden. Der Anfang ist gemacht.
Am Nachmittag stellte Sibylle Drenker-Seredszus, Dipl.-Ing. agr. Schwerpunkt Naturschutz und Landschaftsökologie vom STADT und LAND e.V., die „Umsetzung von Biodiversitätsthemen auf dem LoB“ in Nordrhein-Westfalen vor.
Nach ihrem sehr anschaulichen Impulsvortrag ging es in fünf praxisnahe Workshops, die sie zusammen mit der Biologin Suzanne Navarro betreute. Grundlage war das druckfrische umfangreiche Praxis-Handbuch „Vielfalt im ländlichen Raum – Entdecken, Erleben und Handeln“, mit rund 60 Ideen und Anleitungen zu Tiergruppen wie Vögeln, Säugetieren, Insekten, Spinnen und Pflanzen, welches beide zusammen erstellt haben. Eine detailreiche Materialkiste zu jedem Workshop bot viele Ideen für eine anschauliche Unterrichtsgestaltung und Anregung zum Nachmachen. Mit ganz einfachen Gegenständen aus der Natur lässt sich z. B. eine Spinne nachlegen und so deren Anatomie spielerisch erkennen (Foto). Das Handbuch bekamen alle Teilnehmenden kostenlos zur Verfügung gestellt, es enthält neben vielen Unterrichtsbausteinen weitere Links zur Material- und Informationsbeschaffung, es kam sehr gut an. Bei Kaffee und Kuchen wurden aus jeder Gruppe einzelne Beispiele vorgestellt, die mit Schulklassen erarbeitete werden könnten.
Für das Leben auf dem Hof empfahl Drenker-Seredszus viele der vorgestellten Strukturen sowie auch Ruderalflächen (z. B. brachliegende Rohbodenfläche, Schotterflächen) zu belassen, da sie wichtige Lebensräume für spezialisierte Arten bieten. „Nahrungsketten lassen sich auf dem LoB anschaulich zeigen“, ein gutes Beispiel sind die Schwalben im Stall, sie benötigen die „lästigen“ Fliegen zur Aufzucht ihrer Brut. Fehlen die Stalltiere und ihr Mist, fehlt auch ein Nahrungsangebot und die Schwalben bleiben weg. Blühende Säume an Wegrändern, Äckern, Hecken und artenreiche Wiesen bieten wichtige Lebensräume für Insekten, an denen sie entlangwandern und sich ausbreiten können. Sie bieten die Lebensgrundlage für alle höheren Wirbeltierarten, wie Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere.
In der Mitte des vorletzten Jahrhunderts gab es die höchste Vielfalt an Tieren und Pflanzen in der bäuerlichen Kulturlandschaft. Mit fortschreitender Intensivierung der Landwirtschaft findet seither ein enormer und stetiger Strukturverlust in der Landschaft statt, der mit ungebremsten Artenverlust einhergeht.
Die Aussagen überzeugten, dennoch schloss sich die Diskussion an, dass bei allen Naturschutzmaßnahmen – wie auch schon am Vormittag angesprochen – die sinnvolle Bewirtschaftung möglich sein muss. Eine Gangart könnte es sein, Flächen zu bewirtschaften, so dass sie die nötigen Einnahmen bringen und andere, die explizit dem Naturschutz dienen und extensiv genutzt werden. Wir brauchen beides.
So ist auch das Thema Biodiversität in der vorgestellten Art als „on top“ oder Sahnehäubchen anzusehen, zu den sehr wichtigen klassischen Bereichen des LoB, bemerkte die Referentin aus dem Nachbarland.
Sie war begeistert von der engagierten Gruppe der Teilnehmenden und hat eingeladen zu kostenlosen online Weiterbildungsangeboten unter www.stadtundland-nrw.de zu angrenzenden Themen.
Am Ende der sehr lebendigen Fachtagung wurde allen Beteiligten, auch dem Hofgut Neumühle als Veranstaltungsort, für den engagierten Beitrag zum Gelingen des Tages gedankt.
Ute Schmazinski dankte ausdrücklich allen Teilnehmenden für ihren unermüdlichen Einsatz im außerschulischen Unterricht auf den Höfen und hofft, dass auch in der nächsten Fördermaßnahmen viele Schulklassen von den Angeboten des LoB profitieren werden.
Hintergrundinformationen
Mit „Lernort Bauernhof“ schafft das Land Rheinland-Pfalz ein außerschulisches Lernangebot auf Bauern- und Winzerhöfen für Schülerinnen und Schüler aller Klassen- und Schulstufen an allgemeinbildenden Schulen im ganzen Land. Die Maßnahme wird im Rahmen des rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramms „Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ (EULLE) vom Land, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) finanziert. Die Landwirtschaftskammer RLP wurde mit der Umsetzung beauftragt und organisiert die Schulungen für Betriebsleiter*innen, bietet Fortbildungen für Lehrkräfte an und ist für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Informationen für Lehrkräfte, Betriebe und Interessierte finden sich im Internet unter www.lernort-bauernhof-rlp.de.
Maria Caesar (LWK)