Traditionell lädt die Kammer die Parlamentarier im Anschluss an die erste Plenarsitzung nach der Sommerpause zum Austausch im Zeichen der Landwirtschaft ein. Prämierte Weine aus allen sechs Anbaugebieten und passende Speisen gaben einen perfekten Rahmen ab, um ins Gespräch zu kommen.
Landtagspräsident Hendrik Hering begrüßte als Hausherr die rund 150 Gäste und machte auf die Bedeutung der Landwirtschaft in Krisenzeiten aufmerksam. Diesen Ansatz nahm Präsident Schindler in seiner Rede auf: „Die Krise ist zum Dauerzustand geworden. Ukraine-Krieg, Klima-Wandel und weitere Faktoren tragen zu einer schwierigen Situation bei“, so Schindler. Schlechte Stimmung herrsche bei den Weinbaubetrieben, obwohl teils sehr gute Qualitäten gelesen wurden – zunehmender Krankheitsdruck und niedriges Preisniveau seien die Ursachen. Getreide- und Rapsernte seien durch den Witterungsverlauf recht ernüchternd ausgefallen. Zudem sei der Rapspreis um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.
Zum Thema Tierhaltung stellte Schindler fest, dass „der Abbau der Bestände in Rheinland-Pfalz fast abgeschlossen ist. Wenn jetzt noch Schlachtstätten wie in der Westpfalz schließen, kann die auch von politischer Seite gewollte regionale Tierhaltung nicht mehr aufrechterhalten werden. Die unsachliche Diskussion um den Fleischverzehr trägt zusätzlich zur misslichen Situation bei.“
Einen wesentlichen Punkt in der Rede des Präsidenten nahmen alternative Energien und die Energiewende ein. „Die Möglichkeiten der Biogaserzeugung in landwirtschaftlichen Betrieben werden angesichts immer weiterer Photovoltaik- und Windkraftprojekten vergessen. Ich appelliere an Sie alle: Landwirtschaftliche Flächen dürfen nicht leichtfertig mit PV-Anlagen überplant werden!“ Vielmehr seien Dachflächen und bereits versiegelte Flächen wie etwa Parkplätze zu priorisieren. „Zudem tragen wir die vorgesehenen Änderungen in der Bundesgesetzgebung nicht mit: Als Grundstückseigentümer jede Leitungsverlegung für den Anschluss einer Windenergieanlage dulden zu müssen, ist ein Eingriff in das Eigentum und kategorisch abzulehnen“, machte der Kammerpräsident klar. Anschließend ging sein Blick auf die EU-Ebene zum Thema Glyphosat: „Wenn sogar die EU-Kommission zum Ergebnis kommt, dass der Glyphosateinsatz für die Gesundheit völlig unbedenklich ist, dann ist es pure Ideologie, wenn man das Verbot in Deutschland dennoch aufrechterhalten will. Ich erwarte an dieser Stelle die volle Unterstützung von Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt und der gesamten Landesregierung. Wenn wir nachhaltigen und regenerativen Ackerbau betreiben wollen, dann sind wir auf die sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat angewiesen.“
Eine dringende Bitte an das zuständige Ministerium hatte Ökonomierat Norbert Schindler auch noch im Gepäck: eine bessere finanzielle Ausstattung der Landwirtschaftskammer durch das Land. „Die Grundsteuerreform lässt bisher völlig offen, auf welcher Basis künftig Kammerbeiträge erhoben werden dürfen. Deshalb brauchen wir zwingend verlässliche Zusagen über die Finanzierung inklusive einer sachgerechten Verwendung aller Mittel des Landeshaushalts für die Auftrags- und Selbstverwaltungs-angelegenheiten“, sagte Schindler, der auch eine Diskussion über die zunehmenden Pensionslasten, die die Kammer zu tragen hat, einfordert. Personal- und Sachkosten steigen durch die Tarifabschlüsse rapide an, während die Versorgungslasten zunehmen. „Wir entscheiden intern, welche Leistungen wir ausbauen können und wo Gebühren angehoben werden können. Aber wir sind zwingend auf eine intensivere finanzielle Unterstützung des Landes angewiesen“, forderte Schindler und verwies auf die hohe Beratungskompetenz der Landwirtschaftskammer. Beispielhaft nannte er das EIP-Projekt „Klima Farm Bilanz“.
Ministerin Daniela Schmitt ging in ihrer Rede auf die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft ein: „Auch wenn die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz zur Bruttowertschöpfung und zur Beschäftigung im Land statistisch nur mit jeweils knapp 2 Prozent beiträgt, geht die wirtschaftliche Bedeutung weit darüber hinaus: Als Nachfrager in der Bauwirtschaft, von Landtechnik, von Produktionsmitteln und Dienstleistungen, von Hard- und Software trägt dieser besonders kapital- und technologieintensive Wirtschaftszweig in erheblichem Maße zu Umsatz und Beschäftigung im vor- und nachgelagerten Bereich im ländlichen Raum bei“, stellte die Ministerin fest.
Eine moderne Landwirtschaft habe seit Jahrzehnten immer wieder den technischen Fortschritt genutzt und damit ihren Beitrag zur Sicherung der Ernährung geleistet. Und dies werde und müsse auch in Zukunft so bleiben, betonte die Ministerin. „Weltweit werden wir bis zur Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich rund 10 Milliarden Menschen ernähren müssen. Hier müssen wir uns auch in Europa, in Deutschland und in Rheinland-Pfalz zu unserer Verantwortung bei der weltweiten Erzeugung von Lebensmitteln bekennen“, sagte Schmitt. Der Erhalt und die Weiterentwicklung einer produktiven und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft zählten daher zu den großen Herausforderungen der Zukunft. „Wir müssen den technischen Fortschritt und Innovationen weiter vorantreiben und ermöglichen, sei es bei modernen Züchtungsmethoden, sei es in der Produktion, sei es in der Digitalisierung oder beim precision farming, so die Ministerin.
Beim anschließenden gemeinsamen Essen kamen „Landwirtschaft und Politik“ bestens ins Gespräch und vertieften die Themen.