| Ausschuss Raumordnung

Nutzungsansprüche an landwirtschaftliche Flächen nehmen immer weiter zu

Der Ausschuss Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz nimmt seine Arbeit auf: Im Haus der Landwirtschaft in Bad Kreuznach konstituierte sich unter der Leitung von Kammerpräsident Ökonomierat Michael Horper der Ausschuss.
Der Ausschuss Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz nahm seine Arbeit auf.
Kammerpräsident Ökonomierat Michael Horper (rechts) gratuliert dem neuen Ausschussvorsitzenden Ulrich Schreiber (links) und seinem Stellvertreter Roland Bellaire.

„Dies ist nicht nur einer der größten Ausschüsse der Landwirtschaftskammer, sondern auch ein sehr bedeutender.“ Mit diesen Worten eröffnete Ökonomierat Michael Horper die Sitzung. Inhaltlich beschäftigt sich der Ausschuss mit der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen im Spannungsfeld zwischen Flächeninanspruchnahmen für Siedlungs- und Verkehrszwecke, Auflagen aus den Bereichen Wasserschutz und Naturschutz sowie dem Ausbau erneuerbarer Energien. Dazu gehören auch die Auseinandersetzung mit langfristigen Strategien im Umgang mit begrenzten Ressourcen wie Wasser und die Standortsicherung landwirtschaftlicher Betriebe. „Es ist wichtig, dass der Ausschuss dem Vorstand der Landwirtschaftskammer in diesen wichtigen Themen zuarbeitet und die Interessen der Landwirtschaft mit denen anderer Gruppen in Einklang gebracht werden. Hierzu müssen wir mit Behörden, Verbänden und den Ministerien viele Gespräche führen“, lautete Horpers Appell an die Anwesenden.

Ulrich Schreiber neuer Vorsitzender

Im Rahmen der formalen Konstituierung wurde Heinz-Peter Rauen aus Fisch im Landkreis Trier-Saarburg zu den von der Vollversammlung benannten Mitgliedern zugewählt. Da der bisherige Ausschussvorsitzende Ludwig Schmitt aus Mainz sein Amt abgegeben hatte, wurde mit Ulrich Schreiber aus Dierdorf der bisherige stellvertretende Vorsitzende an die Spitze des Ausschusses gewählt. Schreiber ist seit vielen Jahren Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes im Landkreis Neuwied, aktiver Kommunalpolitiker und bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Grünlandwirtschaft, Ackerbau und Rinderhaltung. Als neuen Stellvertreter wählte der Ausschuss Roland Bellaire aus Neupotz (Landkreis Germersheim), aktiver Landwirt mit Ackerbau und Milchviehhaltung, Kreisvorsitzender im Bauern- und Winzerverband und ehrenamtlicher Ortsbürgermeister. Schreiber und Bellaire bringen durch ihre langjährigen vielfältigen praktischen und ehrenamtlichen Erfahrungen das nötige Rüstzeug für die oftmals schwierigen und kontrovers geführten Diskussionen in den Bereichen Raumordnung und Naturschutz mit.

Da der bisherige Geschäftsführer des Ausschusses, Ralph Gockel, mit Ablauf des Jahres 2023 in den Ruhestand verabschiedet wurde, war auch diese Funktion neu zu besetzen: hier betraute Präsident Horper Jan Hendrik Müller mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe. Müller ging im Folgenden auf die vielfältigen thematischen Schwerpunkte des Ausschusses ein und betonte die engagierte Arbeit der auf alle Außenstellen der Kammer verteilten 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Referat Raumordnung, Regionalentwicklung Naturschutz. Diese verfassen rund 3.000 Stellungnahmen pro Jahr, überwiegend in der Funktion als Träger öffentlicher Belange in Verfahren der Landesplanung, Bauleitplanung, Verkehrsplanung, des Naturschutzes und in anderen Bereichen. Dabei handelt es sich um Pflichtaufgaben der Landwirtschaftskammer, die für den Berufsstand von großem Wert sind. Daneben wird die Aufgabe der landwirtschaftlichen Berufsvertretung in den Bereichen Grundstücksverkehrsrecht und in Flurbereinigungsverfahren wahrgenommen. Fachstellungnahmen und Beratungen zum Thema Bauen im Außenbereich sind als weitere wichtige Aufgaben in diesem Referat angesiedelt.

Flut von PV-Planungen

Mit der Übernahme der Sitzungsleitung durch den neuen Vorsitzenden Ulrich Schreiber, begann sodann auch die inhaltliche Ausschussarbeit. Zunächst gingen Jochen Cornelius, Mitarbeiter im Referat Raumordnung, und Jan Hendrik Müller auf die aktuelle Situation beim Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV) ein. Hier sieht sich die Kammer derzeit einer Flut von Planungen gegenüber, die auch vor ertragsstarken landwirtschaftlichen Flächen keinen Halt machen. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird dem Ausbau erneuerbarer Energien ein herausragendes öffentliches Interesse zugeschrieben. Zusätzlich gibt es inzwischen einen Privilegierungstatbestand im Baugesetzbuch und landesplanerische Vorgaben in Rheinland-Pfalz, die einem massiven Zubau von FFPV auf landwirtschaftlichen Flächen den Weg bereiten. Insbesondere sind davon Flächen entlang von Autobahnen und Schienenwegen betroffen, aber auch an anderen sogenannten linearen Infrastrukturen (Bundes- und Landesstraßen, Stromfreileitungen) haben landwirtschaftliche Belange das Nachsehen. „Leider kann man Photovoltaik nicht essen“, brachte es Schreiber auf den Punkt und appellierte an einen am Bedarf ausgerichteten Ausbau, bei dem die Nahrungsmittelproduktion zumindest als gleichwertiger Belang zu berücksichtigt werden müsse. Präsident Horper ergänzte, dass unbedingt Potenziale auf bereits versiegelten Flächen prioritär zu nutzen sind und kündigte Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern an.

Anschließend referierte Müller über den aktuellen Stand bei der Aufstellung des neuen Landesentwicklungsprogramms (LEP 5). Dieses wird derzeit in einem breit aufgestellten Beteiligungsprozess durch das Ministerium des Innern und für Sport erarbeitet. Das Landesentwicklungsprogramm koordiniert als zusammenfassende, überörtliche und überfachliche Planung die verschiedenen Nutzungsansprüche an den Raum und bildet die Basis für alle Planungshierarchien bis hin zur gemeindlichen Bauleitplanung. Es folgte ein Beschluss des Ausschusses über langfristige, raumrelevante Anforderungen der Landwirtschaft, die im LEP 5 berücksichtigt werden sollen. Insbesondere fordert der Ausschuss eine deutliche Reduzierung der Inanspruchnahme neuer Flächen und einen strengen Schutz hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen. Unvermeidbare Inanspruchnahmen landwirtschaftlicher Vorrangflächen sollen zukünftig nicht mehr kompensationslos hingenommen werden. Hierfür müssen im LEP 5 verbindliche Ziele formuliert werden. Dabei sind Themen wie der Beitrag der Landwirtschaft zum Erhalt der Kulturlandschaft und zur Förderung der Biodiversität zu berücksichtigen. Naturschutz durch Nutzung soll dabei eine Leitlinie sein. Insbesondere ist der Beitrag der Tierhaltung zum Erhalt wertvoller Grünlandstandorte in den Vordergrund zu rücken.

Herausforderungen des Klimawandels

Christian Riede, seit Mai neuer Geschäftsführer des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände Rheinland-Pfalz, berichtete über den aktuellen Stand bei der Erarbeitung des Zukunftsplanes Wasser durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität. Hier haben sich Ehrenamt und Hauptamt der Kammer bisher intensiv durch die Teilnahme an Workshops sowie einer schriftlichen Stellungnahme in den Prozess eingebracht. Dabei wurden zukünftige Herausforderungen beim Schutz von Grundwasser und Oberflächengewässern, aber auch die Nutzung der Ressource Wasser für die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen thematisiert. Hier gilt es einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen zu finden, um gemeinsam den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Die Landwirtschaft ist dabei sowohl durch Starkregen- und Hochwasserereignisse betroffen, als auch durch Dürreperioden, in denen bei bestimmten Kulturen nicht auf eine Bewässerung verzichtet werden kann. Ordnungsrechtliche Regelungen wie gesetzliche Gewässerrandstreifen werden im Ausschuss sehr kritisch gesehen. Hier möchte man sich für freiwillige und kooperative Maßnahmen einsetzen.

Der kooperative Gedanke soll auch die Basis der im Land geplanten Naturschutzstationen sein. Zunächst soll der Aufbau und Betrieb in jeweils einer Modellregion im nördlichen und südlichen Rheinland-Pfalz erprobt werden. In den Naturschutzstationen sollen Interessensvertreter aus den Bereichen Naturschutz, Landwirtschaft und Kommunen gemeinsam das Vertragsnaturschutzmanagement und die Biotopbetreuung organisieren. Daneben können Drittmittelprojekte und Maßnahmen in Natura-2000-Gebieten umgesetzt werden. Ab 2026 sollen die Stationen flächendeckend in ganz Rheinland-Pfalz etabliert werden. Bei den Ausschussmitgliedern bestehen noch offene Fragen gegenüber den geplanten Stationen. Es wird kritisiert, dass vorhandene Strukturen, wie etwa die MoKo-Projekte, nicht aufgegriffen werden. Der weitere Prozess soll durch die Kammer jedoch intensiv begleitet werden. Erfahrungen und Beispiele zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen sind inzwischen zahlreich vorhanden. Dies wurde durch den Geschäftsführer der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz, Dieter Feldner, anhand von unterschiedlichen Beispielprojekten der Stiftung verdeutlicht. „Wir Landwirte stehen für den kooperativen Ansatz im Naturschutz, ohne uns geht es nicht“, resümierte der ebenfalls an der Sitzung teilnehmende Kammer-Vizepräsident Ökonomierat Eberhard Hartelt.

Unter „Verschiedenes“ sprach der Ausschuss Themen an, die in der nächsten Sitzung vertieft werden sollen. Walter Manz beklagte die Ablastung von Wirtschaftswegebrücken über Autobahnen durch die Straßenverwaltung. Dies stelle die Landwirtschaft vielerorts vor große Probleme bei der Abfuhr von Erntegütern. Hier möchte der Ausschuss das Gespräch mit der Autobahn GmbH suchen. Anja Boesen regte an, den aktuellen Stand und Ergebnisse der Grünlandkartierung auf die Tagesordnung zu setzen. Die in der ersten Sitzung besprochenen Themen werden in den nächsten Monaten und Jahren ebenfalls nicht an Relevanz verlieren.

Abschließend dankte der neue Vorsitzende Ulrich Schreiber allen für die engagierte Teilnahme. Bereits diese erste Sitzung zeige, dass der Ausschuss in Zeiten vieler Veränderungen und zahlreicher Ansprüche an die Fläche ein bedeutender Bestandteil der Arbeit der Landwirtschaftskammer sein werde.

Jan Hendrik Müller, LWK RLP

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