Reinhold Hörner, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und Weinbaupräsident der Pfalz, begrüßte die zahlreich erschienenen Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie die Ehrengäste. Es folgte ein Vortrag von Dr. Jürgen Oberhofer vom Weincampus Neustadt zu den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen im Weinbau. Aus dem Vortrag wurde die schwierige wirtschaftliche Lage im Weinbau deutlich. So ging Dr. Oberhofer auf die gestiegenen Kosten in verschiedenen Bereichen des Weinbaus ein und stellte diese dem Umsatzrückgang durch verändertes Verbraucherverhalten gegenüber. Zum Schluss seines Vortragteils zeigte Dr. Oberhofer erste kurzfristige Lösungsansätze bei Liquiditätsproblemen auf. Denn sind über einen längeren Zeitraum hinweg Liquiditätsprobleme vorhanden, so seien diese nicht „Der Anfang vom Ende, sondern das Ende vom Ende“. Nach diesen sehr deutlichen Zahlen und Worten zeigten sich die Anwesenden sichtlich nachdenklich. „Dass es wirklich schon so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht“, konstatierte so etwa ein Seminarteilnehmer.
Zur intensiven Beschäftigung mit den Inhalten des Vortrags von Herrn Oberhofer lud Frau Dr. Dührßen, die Moderatorin des Seminars, zu einem „World Café“ ein. Aus den Ergebnissen der Gruppenarbeit wurde deutlich, dass unter den Teilnehmenden viel Diskussionsbedarf herrschte und eine große Motivation zu Veränderungen bei den Betrieben vorhanden ist. Auch konnte festgestellt werden, dass für die zahlreichen komplexen Problemstellungen im wirtschaftlichen, sozialen, familiären und politischen Bereich ein hoher Unterstützungs- und Beratungsbedarf besteht.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen stellte Matthias Lambert vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. wichtige steuerliche Aspekte bei betrieblichen Änderungsprozessen vor. Alle Anwesenden verfolgten konzentriert die Ausführungen zu steuerlichen Verrechnungsmöglichkeiten bei Verlusten und welche Aspekte bei einer Betriebsverpachtung aus steuerlicher Sicht beachtet werden sollten. Zum Schluss seines Vortrags gab Herr Lambert Tipps zur Minderung der Steuerlast in schwachen Wirtschaftsjahren.
Es schloss sich Hans-Joachim Lamb vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. an, der darüber referierte, wie sich im Bereich der Sozialversicherungen Betriebsverkleinerungen und Betriebsabgaben auf die Kosten der landwirtschaftlichen Krankenkasse sowie die Alterskassenpflicht auswirken. Des Weiteren gab er wertvolle Ratschläge zum Thema.
Danach folgte ein Vortrag von Hildegard Runkel, Referatsleiterin Einkommensalternativen sowie Nils Töpperwien, Leiter des Referats Betriebswirtschaft, Markt, Testbuchführung und Förderberatung, zum betriebswirtschaftlichen Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer. Herr Töpperwien nahm nochmals Bezug zum Eröffnungsvortrag von Dr. Oberhofer und zeigte detailliert auf, wie die Liquidität eines Betriebes ermittelt werden kann und welche Auswirkungen ein negativer Cashflow hat. Frau Runkel stellte anschließend das vielfältige Beratungsangebot im Bereich Diversifizierung vor. Im Anschluss ging Herr Töpperwien auf das betriebswirtschaftliche Beratungsangebot für den Weinbaubetrieb ein, wobei insbesondere die eigens von der LWK entwickelte Anwendung zur Ermittlung der Produktions- und Vermarktungskosten sowie der Ableitung des nötigen wirtschaftlichen Verkaufspreises von Traubenerzeugung, Fass- und Flaschenweinen im Fokus stand. Alle betriebswirtschaftlichen Beratungsangebote für den Weinbaubetrieb sowie damit verbundenen Betriebszweigen mit Einkommensalternativen werden aktuell zu 80 % der Netto-Beratungskosten vom Land und von der EU bezuschusst. Zum Abschluss ihres Vortrags wies Frau Runkel noch einmal darauf hin, dass die neutralen Beraterinnen und Berater der Kammer den Weinbaubetrieben bei der Erarbeitung von betriebsindividuellen Lösungsansätzen zur Verfügung stehen.
Auch Dr. Oberhofer, der zum Schluss des Seminars seinen Vortrag vom Vormittag weiterführte, konnte keine pauschale Lösung präsentieren, die alle Weinbaubetriebe aus der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage retten kann. Nichtsdestotrotz zeigte er Lösungsansätze auf, mit denen Weinbaubetriebe je nach individueller Situation einen Beitrag zur Kostenreduktion leisten können. So kam die Sprache auf den Minimalschnitt sowie die Anpflanzung von PIWI-Sorten. Auch ging Dr. Oberhofer auf die ebenfalls schwierige Marktsituation im Ausland ein und legte dar, warum er Chancen im Export qualitativ hochwertiger deutscher Weine sieht. „An der Flächenreduzierung geht kein Weg vorbei“ – vor diesem Hintergrund sprach sich Dr. Oberhofer dafür aus, dass Anpassungsprozesse wie zum Beispiel die anderweitige Nutzung von stillgelegten Flächen gefördert werden sollten. In der abschließenden Frage- und Diskussionsrunde ging es um die Themen Bio-Weinbau, Destillieren von alten Weinbeständen, soziale Aspekte sowie die möglichen Vorteile des deutschen Weinbaus im Vergleich zu südlicheren Ländern. Dr. Oberhofer wies nochmals darauf hin, dass die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer wertvolle Informationen erhalten haben, wo sie sich bei betrieblichen Änderungsprozessen Hilfe holen können, und appellierte an die Anwesenden, diese in Anspruch zu nehmen.
Im Schlusswort bedankte sich Frau Runkel im Namen der Landwirtschaftskammer bei allen Referenten und der Moderatorin Frau Dr. Dührßen und überreichte ihnen Weinpräsente. Herr Dr. Oberhofer schloss sich dem Dank stellvertretend für das DLR an. In den Gesichtern aller Anwesenden konnte man ablesen, dass das Seminar zum Nachdenken angeregt hat. Alle beteiligten Referentinnen und Referenten konnten einen intensiven Einblick in die Probleme und Sorgen der Weinbaubetriebe erhalten und Anregungen mitnehmen, die sie in ihre jeweiligen Gremien und Fachausschüsse einbringen werden.
Das Seminar „Herausfordernde Zeiten im Weinbau – wie geht es mit meinem Betrieb weiter“ wurde von den Referaten Betriebswirtschaft und Einkommensalternativen der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz organisiert.
Aufgrund der hohen Nachfrage wird das Seminar „Herausfordernden Zeiten im Weinbau“ nochmals am 27. November im DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Oppenheim angeboten.
Unterstützung finden Sie hier:
Zum Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer
www.lwk-rlp.de/einkommensalternativen
www.lwk-rlp.de/beratung/betriebswirtschaftliche-beratung
Zum Beratungsangebot der Kirchen
landwirtschaftliche-familienberatung.de/einrichtungen/ihre-region/rheinland-pfalz
Zum Angebot der SVLFG
SVLFG | Gleichgewicht (dort finden Sie alle präventiven Angebote)
SVLFG | Informationen für Frauen in der Landwirtschaft (besondere Angebote für Frauen und Unternehmerinnen)