| Baurecht

Wann darf ohne Genehmigung gebaut werden?

Immer wieder gibt es Unsicherheit, wenn die Frage aufkommt: Was darf man eigentlich im Außenbereich bauen? Und welche Bauvorhaben für landwirtschaftliche Betriebe sind genehmigungsfrei? Das Referat Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz hat die wichtigsten Bestimmungen zusammengestellt.
Beim Bauen im Außenbereich gilt es viele Regeln zu beachten.

Die Landesbauordnungen der Länder normieren baugenehmigungsfreie Vorhaben, die in Rheinland-Pfalz im § 62 Abs.1 u. 2 LBauO katalogartig zusammengefasst sind. Auch für landwirtschaftliche Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe bedürfen bestimmte Vorhaben keiner baurechtlichen Genehmigung, wie insbesondere:

• Gebäude bis zu 50 m³, im Außenbereich bis zu 10 m³ umbauten Raums ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten, ausgenommen sind Kulturdenkmäler und Gebäude in der Umgebung von Kultur- und Naturdenkmälern sowie Garagen, Verkaufs- und Ausstellungsstände

• freistehende Gebäude ohne Unterkellerung und ohne Feuerstätten bis zu 100 m² Grundfläche und 6 m Firsthöhe, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dienen und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden, im Falle von ortsveränderlich genutzten und fahrbereit aufgestellten Anlagen auch zum dauerhaften Schutz von Tieren bestimmt sind

• Gewächshäuser bis zu 6 m Firsthöhe, die einem landwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dienen, und Einrichtungen zum vorübergehenden Schutz von Pflanzenkulturen im Erwerbsgarten- und Erwerbsobstbau, wie Hagelschutznetze

• Behälter bis zu 50 m³ Behälterinhalt und bis zu 3 m Höhe, im Außenbereich nur, wenn sie einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dienen; ausgenommen sind Behälter für Gase, Behälter für brennbare und wassergefährdende Flüssigkeiten

• landwirtschaftliche Fahrsilos

• Weidezäune sowie offene Einfriedungen im Außenbereich, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung etwa zum Schutz von land- oder forstwirtschaftlichen Kulturen, dem Schutz von Wildgehegen zu Jagdzwecken oder dem Schutz von Verkehrswegen dienen; ausgenommen Einfriedungen in der Umgebung von Kultur- und Naturdenkmälern

• Werbeanlagen bis zu 1 m² Größe soweit durch Satzung nach § 88 Abs 1 LBauO (z.B. örtliche Gestaltungssatzung) keine andere Größe bestimmt ist

• Werbeanlagen an der Stätte der Leistung, die vorübergehend angebracht oder aufgestellt sind, soweit sie nicht mit dem Boden oder einer baulichen Anlage verbunden sind (Hinweis: Stätte der Leistung bedeutet, dass beworbene Produkte/Leistungen von potenziellen Kunden auch direkt abgenommen werden können.)

•  Warenautomaten, wenn sie in räumlicher Verbindung mit einer offenen Verkaufsstelle stehen (bei offenen Verkaufsstellen handelt es sich um alle Einrichtungen, bei denen von einer festen, für jedermann zugänglichen Stelle aus Waren zum Mitnehmen an den letzten Verbraucher feilgehalten werden, im Außenbereich muss es sich um solche handeln, die selbst erzeugt sind.)

• selbständige Aufschüttungen oder Abgrabungen bis zu 300 m² Grundfläche und bis zu 2 m Höhe oder Tiefe; ausgenommen sind Abgrabungen in Grabungsschutzgebieten. Hinweis: Unter „selbstständig“ versteht sich alle sonstigen Geländeveränderungen, die nicht im Verbund mit einem Bauvorhaben erfolgen)

• Lager-, Abstellplätze und Ausläufe für Tiere, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, sowie sonstige Lager-, Abstell-, Aufstell- und Ausstellungsplätze bis zu 300 m² Fläche (§ 62 Abs.1 Nr. 11i LBauO, Hinweis: für landwirtschaftliche Betriebe besteht keine Flächenbegrenzung)

• die Änderung der äußeren Gestaltung genehmigungsbedürftiger baulicher Anlagen durch Anstrich, Verputz oder Dacheindeckung, durch Austausch von Fenstern, Fenstertüren oder Außentüren und der Bedachung einschließlich Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung sowie durch Bekleidungen und Verblendungen von Wänden, ausgenommen Hochhäuser; dies gilt nicht in Gebieten, für die örtliche Vorschriften über die Gestaltung oder Erhaltung baulicher Anlagen bestehen, sowie für Gebäude in der Umgebung von Kultur- und Naturdenkmälern (Hinweis: bei Dacheindeckungen ist nur die Dacherneuerung freigestellt, nicht die des Dachtragwerks.)

Werden von der Norm abweichende Größen oder Standorte beabsichtigt, besteht auch für landwirtschaftliche Betriebe die Baugenehmigungspflicht. Ferner ist zu beachten, dass die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfreiheit nur unbeschadet einer nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigung besteht.

Demnach müssen sich Vorhabenträger sämtliche nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen bzw. Zustimmungen selbständig einholen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sind solche in der Regel bei der Naturschutz- und Wasserwirtschaftsbehörde, von der Kommune, ggf. in Bezug auf den Immissionsschutz von der Gewerbeaufsicht, von Trägern der leitungsgebundenen Infrastruktur, von der Denkmalschutzbehörde oder dem/den Nachbarn einzuholen.

Ebenfalls sind auch die Grenzabstandsregelungen nach § 8 LBauO, nach Nachbarrecht und der Grenzabstand von Einfriedungen im Außenbereich zu beachten. Bei manchen Vorhaben kann auch das Erfordernis der statischen Berechnung bestehen (z.B. bei Garagen), zudem die Gebäudeeinmessungspflicht. Naturschutzrechtliche Genehmigungspflicht besteht auch für fahrbare Weideunterstände oder mobile Hühnerställe. Nicht baugenehmigungsfrei gestellt ist die Aufstellung beweglicher Container/Ladebrücken, wenn diese etwa für die Unterbringung von Land- oder Saisonarbeitern vorgesehen sind. Es gilt immer der Anlagenbegriff.

Auch die bauliche Erweiterung einer bereits vorhandenen baulichen Anlage ist trotz Unterschreitung der (an sich) baugenehmigungspflichtigen Größenordnung nicht „automatisch“ baugenehmigungsfrei und bedarf der Überprüfung durch die Bauaufsichtsbehörde (z.B. Dachanschleppung an bestehender Gerätehalle). Das „Splitting“ eines an sich baugenehmigungspflichtigen Vorhabens in einzelne, für sich genommen baugenehmigungsfreie, Vorhaben ist unzulässig.

Ein Anspruch auf Baugenehmigung besteht nicht. Im Zweifelsfall hat die Bauaufsichtsbehörde über die Genehmigungspflicht aufzuklären. Sind an aufgegebenen Hofstellen baugenehmigungsfreie Anlagen vorhanden, sollten diese in den für eine Nutzungsänderung („Entprivilegierung“) ohnehin nötigen Bauantrag aufgenommen werden. Diese ist nur innerhalb von sieben Jahren nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung des Gebäudes begünstigt (§ 35 Abs.4 Satz 1 Nr.1c BauGB).

Daher sollten alle behördlichen Genehmigungen, Zustimmungen und Erlaubnisse auch baugenehmigungsfrei errichteter Anlagen sorgfältig aufbewahrt werden. Das Referat Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer steht für weitere Auskünfte jederzeit gerne zur Verfügung.

Tim Henninger,

Referat Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz

Teilen

Zurück