„Der erste war bereits der Jackpot, und beim zweiten Mal sind wir fast vom Stuhl gefallen“, freuen sich Thomas und Sabine Steigelmann. Was war passiert? Das Weingut aus Gimmeldingen ist zweimal hintereinander für den rheinland-pfälzischen Siegersekt ausgezeichnet worden. 2022 und 2023 gab es bei der Landesprämierung für Wein und Sekt der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz landesweit keinen besseren Sekt als den der Steigelmanns. „Dabei ist Sekt eher ein Nischenprodukt bei uns. Aber wir scheinen da ja etwas richtig zu machen.“ Grund genug, hinter die Kulissen des Weinguts zu schauen.
Zum Weingut selbst: 13 Hektar Weinbergfläche rund um Neustadt-Gimmeldingen, beste Lagen unterhalb des Haardt-Gebirges, Bio-Betrieb seit September 2023. Rund 70 Prozent sind Weißweine, die restlichen 30 Prozent Rotweine, die in Stahltanks und Holzfässern des Weinguts ausgebaut werden. Der Betrieb befindet sich seit 1603 im Familienbesitz und ist gleichzeitig das älteste Weingut in der 2.500-Einwohner-Gemeinde. Seit 2010 erhält das Weingut durchgehend den Staatsehrenpreis der Landesprämierung und sammelt stets zahlreiche weitere Auszeichnungen der Weinwelt. „Die Familie Steigelmann hat schon immer gerne Dinge ausprobiert. Vielleicht ist das ein Grund des Erfolgs“, sagt Winzermeister Thomas Steigelmann und erinnert an seinen Vater, der nicht nur den ersten Strohwein in Gimmeldingen herstellte, sondern auch die Pionierrolle beim Eiswein vor Ort einnahm. „Mein Vater hat ein Schild herstellen lassen, auf dem stand: ,Pilotprojekt – erster Eiswein‘ und das an die Weinberge gestellt. Das gab viel Aufmerksamkeit.“ Und vor allem sammelte das Familienweingut mit den „Experimenten“ wertvolle Erfahrungen. Starke Ertragsreduzierung, selektive Handlese und Temperatursteuerung bei der Vergärung sind nur einige der Stichworte, die auch im Weingut Steigelmann Beachtung finden. Aber die Familie ist bereit, darüber hinaus immer einen Schritt weiterzugehen: So will der Winzermeister die Wärme von Anfang an aus dem gesamten Prozess heraushalten. „Deshalb sind wir immer die Ersten, die sich frühmorgens auf den Weg zur Lese machen, wenn die Trauben noch schön kühl sind. Dann muss ich sie später nicht herunterkühlen.“
Rasensprenger auf dem Weinfass
Vor etlichen Jahren, so eine andere Steigelmann’sche Innovationsgeschichte, habe sich der Winzer mit einem Freund in weinseliger Runde ausgiebig über das Thema Temperatur unterhalten. „Wenn wir die Gärung durch die Temperatur steuern könnten, bliebe der Gärprozess kontrolliert und die Aromen verschont. Kein Durchgären, sondern präzises Stoppen. Lass uns die Fässer mit Wasser kühlen!“ Der Idee folgte die Umsetzung, und Steigelmann besorgte sich im Bekanntenkreis so viele Rasensprenger, wie er bekommen konnte. Die kühlten dann seine Fässer mehr schlecht als recht herunter – eine hohe Wasserrechnung war zusätzlich die Folge. Also fragte er einen Tankbauer, ob man nicht an den Tankaußenseiten Kühlplatten anbringen könnte. Vier Prototypen standen kurze Zeit später bereit, und Thomas Steigelmann konnte seinen Most gezügelt vergären, mit entsprechendem Qualitätsgewinn. „Das hätten wir uns patentieren lassen sollen“, so der 56-Jährige über seine Erfindung, die im Grundsatz heute so überall in den Kellern zum Einsatz kommt und den Anfang der gezügelten Vergärung markiert.
Die Grundlage für guten Wein wird im Wingert gelegt. Diese alte Weisheit gilt natürlich auch in Gimmeldingen, wo die Großlage Gimmeldinger Meerspinne sehr gute Qualitäten hervorbringt. Familie Steigelmann bearbeitet die Böden ausschließlich mechanisch und verzichtet vollständig auf Herbizide und Pestizide, damit die natürlichen Lebensräume erhalten bleiben. Viele kleine, wenn auch manchmal aufwendige Arbeitsschritte führen in der Summe eben zum Erfolg, sagen die Gimmeldinger Weinmacher.
Diese Arbeitsweise bescherte ihnen nun zum zweiten Mal den Titel „rheinland-pfälzischer Siegersekt“, der so beschrieben wird: Ananas, Aprikose, reife Birne, würzige Noten am Gaumen, dicht und kraftvoll, zehn Monate Hefelager. Der „Bruderwein“ des Sektes erzielte bei den Pfälzer Siegerweinen übrigens den zweiten Platz. „Sektgrundwein und der als klassischer Riesling ausgebaute Wein stammen aus demselben Weinberg – Gimmeldinger Biengarten“, berichtet Winzer Thomas Steigelmann. Der Boden ist leicht kalkhaltig und mit Buntsandsteinerde bedeckt. Das speichere gut die Wärme und sorge für würzige Mineralität, sagt der Pfälzer und klärt über den Namen der Meerspinne auf: „Das hat nichts mit Meer und Insekten zu tun. Früher fuhren die Leute mit mehrspännigen Ochsenkarren den Hügel hinauf. Mehrspännig wurde zu Meerspinne. So einfach ist das.“
Riesling bleibt im Fokus
Für die Zukunft haben sich Thomas und Sabine Steigelmann vorgenommen, die Nachhaltigkeit ihres Betriebes weiter auszubauen: „Uns ist die Nachhaltigkeit am Erzeugnis am wichtigsten. Vom ersten Schritt an bis zum fertigen Wein soll die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen“, erklärt die 54-Jährige und verweist beispielhaft auf die geplante PV-Anlage, die sich über das gesamte Kellergebäude erstrecken soll. Piwi-Weine (Pilzwiderstandsfähige Rebsorten) sind versuchsweise im Anbau geplant, um vor dem Hintergrund des Klimawandels gewappnet zu sein.
Dennoch bleibt der Riesling vorerst die „Hauptrebsorte“ im Hause Steigelmann. Und auch der Landesprämierung wollen sie treu bleiben: „Die Prämierung fördert den Ehrgeiz, man hat den besten Vergleich untereinander“, ist Thomas Steigelmann überzeugt. „Wirkliche Experten, die auch von den regionalen Gegebenheiten Ahnung haben, bewerten auf objektive Weise unsere Erzeugnisse. Unsere Anstrengungen werden wertgeschätzt und ausgezeichnet. Das ist der große Unterschied zu all den anderen Wettbewerben“, betonen Sabine und Thomas Steigelmann.
Ob sie im nächsten Jahr wieder den rheinland-pfälzischen Siegersekt stellen werden? „Die erneute Titelverteidigung? Niemals. Aber wir werden sehen, was passiert“, sagen die Steigelmanns – denn neue Ideen haben sie schon wieder im Kopf.